2. Beschaffung
2.1 Bezugsquellen (= Lieferanten)
Frage: Aus welchen Gründen suchen Unternehmen neue Bezugsquellen (= neue Lieferanten)?
Lösung
diversifizieren = verteilen/aufteilen
Diversifizierung der Lieferkette: Unternehmen streben danach, ihre Lieferkette zu diversifizieren, um sich gegen Risiken wie Naturkatastrophen, politische Instabilität oder Lieferengpässe abzusichern. Durch die Erschließung neuer Bezugsquellen können sie ihre Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten oder Regionen verringern.
Kostenoptimierung: Unternehmen können Angebote vergleichen und Lieferanten auswählen, die wettbewerbsfähige Preise und günstige Konditionen bieten, um ihre Gesamtkosten zu senken.
Qualitätsverbesserung: Unternehmen könnten nach neuen Lieferanten suchen, um die Qualität ihrer Produkte oder Dienstleistungen zu verbessern. Dies kann durch die Zusammenarbeit mit Lieferanten erreicht werden, die qualitativ hochwertige Materialien oder Komponenten liefern.
Innovation und Technologietransfer: Neue Lieferanten können innovative Technologien, Materialien oder Produktionsmethoden einführen, die Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Der Zugang zu neuen Ideen und Technologien kann die Innovationskraft eines Unternehmens stärken.
Markterschließung und Wachstum: Die Erschließung neuer Bezugsquellen ermöglicht es Unternehmen, in neue Märkte vorzudringen und ihr Geschäft zu erweitern. Durch die Suche nach Lieferanten in verschiedenen geografischen Regionen können sie ihre Präsenz global ausdehnen und neue Kundensegmente erschließen.
2.1.1 Bezugsquellenermittlung
Vorteile und Nachteile von globalen und lokalen Bezugsquellen
Globale Bezugsquellen:
| Vorteile | Nachteile |
|---|---|
| niedrigere Produktionskosten | höhere Transportkosten und -zeiten |
| größere Produktvielfalt | Abhängigkeit von globalen Ereignissen wie Naturkatastrophen, politische Unruhen oder Krieg |
Lokale Bezugsquellen:
| Vorteile | Nachteile |
|---|---|
| Schnellere Lieferzeiten = schnellere Reaktion auf Marktveränderungen | Höhere Kosten (z.B. aufgrund höherer Löhne, Produktionskosten, Umweltstandards) |
| Stärkere Kontrolle über Qualität | Begrenzte Produktvielfalt |
2.1.2 Lieferantenauswahl
= Informationen über den Lieferanten (= Lieferer) sammeln
Frage an die Klasse:
Wonach entscheidet ihr wo ihr einkauft?
Lösung
zum Beispiel:
- Preis
- Verfügbarkeit
- Qualität
- Service
- Zuverlässigkeit
Bei der Lieferantenauswahl können Checklisten und Punktbewertungstabellen Entscheidungshilfen geben.
Checkliste zur Lieferantenauswahl
| Kriterium | Beispiele |
|---|---|
| Preise und Zahlungsziele | Wie hoch sind die Bezugspreise im Vergleich zu den Bezugspreisen anderer Lieferanten? Wie lange sind die Zahlungsziele? (= Wie lange können wir uns mit dem Zahlen Zeit lassen?) Können durch Verhandlungen günstigere Konditionen (z.B. Sonderrabatte, Mengenrabatte) erreicht werden? Gibt es Sonderangebote? |
| Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit | Werden vereinbarte Lieferfristen eingehalten? Werden die zugesagten Qualitäten eingehalten? |
| Leistungsfähigkeit und -bereitschaft | Entsprechen die Produktqualitäten unseren Anforderungen? Sind ausreichend Lieferkapazitäten vorhanden? Entspricht das Personal unseren Anforderungen (hinsichtlich Beratung, Lösungsvorschläge bei technischen Problemen,…)? In welchem Umfang werden Kundendienstleistungen angeboten? Werden vorhandene Produkte weiterentwickelt? Werden neue Produkte entwickelt? |
| Sonstiges | Seit wann bestehen Geschäftsbeziehungen zu dem Lieferanten? Welche anderen Lieferanten kommen in Betracht? Welche sozialen/ökologischen/… Gütesiegel/Zertifizierungen hat der Lieferant? |
Quantitativer und qualitativer Angebotsvergleich
Ein qualitativer Angebotsvergleich und ein quantitativer Angebotsvergleich sind zwei unterschiedliche Ansätze zur Bewertung von Angeboten in einem Beschaffungsprozess.
Quantitativer Angebotsvergleich:
Der quantitative Angebotsvergleich bezieht sich auf die Bewertung von Angeboten anhand messbarer, numerischer Kriterien.
Dies können beispielsweise Kosten, Lieferzeiten, Mengen, technische Spezifikationen oder andere messbare Parameter sein.
Qualitativer Angebotsvergleich:
Der qualitative Angebotsvergleich bezieht sich auf die Bewertung von Angeboten basierend auf nicht-numerischen Kriterien.
Hier stehen Merkmale wie Qualität, Zuverlässigkeit, Erfahrung des Anbieters, technische Fähigkeiten, Kundenservice und andere nicht-messbare Aspekte im Vordergrund.
In der Praxis werden oft beide Ansätze kombiniert, um eine umfassende Bewertung der Angebote zu ermöglichen.
Quantitativer Angebotsvergleich
siehe Aufgabenblätter aus “Grundwissen für den Beruf - Mathematik - Wirtschaft”, S. 152 - 155
Quantitativer Angebotsvergleich - Aufgaben.pdf
Quantitativer Angebotsvergleich - Mitschrieb.pdf
Qualitativer Angebotsvergleich
Situation: Ihr habt euren Abschluss erfolgreich bestanden und sucht jetzt eine Wohnung. Welche Kriterien sind für euch (neben der Miete) ausschlaggebend?
Entnommen und angepasst von https://studyflix.de/wirtschaft/angebotsvergleich-6450
Bei den qualitativen Entscheidungskriterien werden das Produkt und der Lieferant in bestimmten Aspekten bewertet. Darunter fallen zum Beispiel:
- Mindestbestellmengen des ausgewählten Produktes
- Zahlungsbedingungen
- Fristen für Lieferung und Bestellung
- Qualität der Produkte
- Nachhaltigkeit
- Zuverlässigkeit bei der Lieferung
- Flexibilität
- Lieferbedingungen
- Serviceleistungen nach der Lieferung
Wenn du das erforderliche Wissen eingesammelt hast, kannst du im Anschluss mit den verschiedenen Angeboten den Lieferantenvergleich durchführen.
Um die beiden Angebote zusätzlich mit einem qualitativen Angebotsvergleich gegenüberstellen zu können, betrachtest du die für das Unternehmen wichtigsten Kriterien. Viele der Informationen erhältst du vom Lieferanten selbst oder kannst sie durch deine eigenen Erfahrungen mit dem Unternehmen ergänzen.
Beispiel:
| Flixlicht AG | ScheinSchön GmbH | |
|---|---|---|
| Bezugspreis | 95,05 Euro | 94,88 Euro |
| Mindestbestellmenge | 5 Stück | 25 Stück |
| Zahlungsbedingungen | innerhalb 60 Tagen | innerhalb 30 Tagen |
| Produktqualität | gut | gut |
| Nachhaltigkeit | weniger Verpackung | viel Müll |
| Zuverlässigkeit der Lieferanten | sehr gut | sehr gut |
| Flexibilität | gut | keine Erfahrung |
| Serviceleistungen | gut | schlecht |
Hast du die einzelnen Unternehmen in der Angebotsvergleich Tabelle bewertet, kannst du erkennen, dass die FlixLicht AG viele Vorteile bietet. Du kannst z. B. geringere Mengen abnehmen, hast weniger Verpackungsmüll und konntest schon eigene gute Erfahrungen mit ihnen sammeln. Die FlixLicht AG ist zwar im Bezugspreis 17 Cent teurer, kann aber wegen den anderen Eigenschaften hervorstechen.
Die verschiedenen Argumente für die Wahl des passenden Lieferanten haben eine unterschiedlich hohe Bedeutung. Dadurch kannst du den Kriterien eine unterschiedliche Gewichtung zuteilen.
| Flixlicht AG | ScheinSchön GmbH | |
|---|---|---|
| Bezugspreis | 95,05 Euro | 94,88 Euro |
| Mindestbestellmenge | 5 Stück | 25 Stück |
| Zahlungsbedingungen | innerhalb 60 Tagen | innerhalb 30 Tagen |
| Produktqualität | gut | gut |
| Nachhaltigkeit | weniger Verpackung | viel Müll |
| Zuverlässigkeit der Lieferanten | sehr gut | sehr gut |
| Flexibilität | gut | keine Erfahrung |
| Serviceleistungen | gut | schlecht |
| Gewichtung | Flixlicht AG | ScheinSchön GmbH | |
|---|---|---|---|
| Bezugspreis | 20 | 15 | 19 |
| Mindestbestellmenge | 10 | 7 | 5 |
| Zahlungsbedingungen | 10 | 7 | 5 |
| Produktqualität | 20 | 15 | 15 |
| Nachhaltigkeit | 10 | 7 | 3 |
| Zuverlässigkeit der Lieferanten | 10 | 8 | 8 |
| Flexibilität | 10 | 6 | 4 |
| Serviceleistungen | 10 | 8 | 2 |
| Gesamtpunktzahl | 100 | 73 | 61 |
Betrachte dafür wieder die gleichen Kriterien wie beim qualitativen Angebotsvergleich und lege die Gewichtung von jedem fest. Gesamt müssen alle Zahlen z.B. 100 ergeben. Dem Bezugspreis gibst du in diesem Beispiel 20% (20 von 100 Punkten) an Bedeutung. Die restlichen 80% (80 von 100 Punkten) teilst du unter den übrigen Kriterien auf.
Hast du nun alle Prozentwerte auf die beiden potenziellen Lieferanten aufgeteilt, dann rechnest du die Werte zusammen. Die FlixLicht AG erreicht insgesamt 73 von 100 Punkten und die ScheinSchön GmbH 61 von 100 Punkten.
Bei dem Bezugspreisvergleich konnte die ScheinSchön GmbH mit günstigeren Lieferpreisen punkten, während beim Lieferantenvergleich die FlixLicht AG mit ihrer Qualität überzeugt hat. Nach der Gewichtung der Kriterien, wird sich in diesem Beispiel für die FlixLicht AG als Lieferant entschieden, da sie die höhere Gesamtpunktzahl bekommt. Die richtige Entscheidung ist somit die FlixLicht AG.
Zusammenfassung: Wie funktioniert ein qualitativer Angebotsvergleich?
Ein Angebotsvergleich läuft in 3 Schritten ab.
-
Gestartet wird mit dem quantitativen Angebotsvergleich. Hier werden die Bezugspreise der Produkte verglichen.
-
Danach kommt der qualitative Angebotsvergleich. Es werden alle Informationen über die Lieferung und das Produkt zusammengetragen und in einer Tabelle zusammengefasst.
-
Das bessere Angebot (das mit den meisten Punkten) wird ausgewählt.
2.2 Eigenfertigung oder Fremdbezug
Hinweis: Viele der Begriffe, die hier verwendet werden, werden im 2. Jahr (Kostenrechnung) genau definiert und abgegrenzt.
==Es ist die Entscheidung zu treffen, ob bestimmte Teile selbst hergestellt oder von einem Zulieferer bezogen (=gekauft) werden sollen.==
| Begriff | Erklärung |
|---|---|
| Fixkosten | Kosten, die immer anfallen, egal ob produziert wird oder nicht, z.B. Miete, Grundgebühr,… |
| Variable Kosten | Kosten die nur anfallen, wenn produziert wird, z.B. Rohstoffe,… |
| Großbuchstaben | gesamte Mengen/Kosten/Zeit/… |
| Kleinbuchstaben | pro Einheit/Stück… |
| Kfix | gesamte Fixkosten |
| KEF | Gesamtkosten Eigenfertigung |
| KFB | Gesamtkosten Fremdbezug |
| kv | variable Stückkosten, variable Kosten pro Stück |
| p | Preis pro Stück |
| x | Menge |
| xkrit | kritische Menge |
2.1 Rechnerische und grafische Analyse
Hinweis: Grafische Lösung ist der Schnittpunkt zweier Geraden: KEF und KFB
Beispiel: Rechnerische Lösung
Einer Möbelfabrik wird ein Regal, dass sie bisher selbst produziert haben, zum Preis von 46 Euro angeboten. Bei Eigenfertigung fallen folgende Kosten an:
Kosten Euro variable Stückkosten 40 fixe Kosten 1700 Berechnen Sie die kritische Menge. Erläutern Sie ihr Ergebnis.
Lösung
Berechnung der kritischen Menge
KFB = KEF (Hinweis: es ist egal ob man KEF = KFB schreibt oder KFB = KEF)
p · x = kv · x + Kfix46x = 40x + 1700 | - 40x
6x = 1700 | : 6
x = 283 Stück
Ergebnis:
Die kritische Menge beträgt 283 Stück. Das bedeutet, dass ab einer Menge von 283 Stück die Eigenproduktion günstiger ist.
Beispiel: Grafische Lösung
Gegeben sind folgende Werte:
Werte Euro p (Preis) 10 kv (variable Kosten) 3,75 Kfix(fixe Kosten) 250 Bestimme die kritische Menge grafisch.
Aufgabe 1
Bei der Eigenfertigung enstehen jeweils Fixkosten. Weitere Angaben über die Bedarfsmengen:
Menge günstigster
Fremdbezugspreis
(in Euro)Variable Stückkosten
bei Eigenfertigung
(in Euro)Fixkosten (in Euro) x p kv Kfix Produkt 1 77 135 120 3.000 Produkt 2 80.000 180,00 162,00 60.000 Produkt 3 ? 212 200 5.040 Berechnen Sie für Produkt 1 und Produkt 2 die Ersparnisse, welche bei der kostengünstigeren Entscheidung erzielt werden können. Stellen Sie hierzu die Kosten von Eigenfertigung und Fremdbezug übersichtlich dar.
Ab welcher Menge lohnt sich für das Unternehmen die Eigenfertigung von Produkt 3? Stellen Sie Ihre Berechnung ausführlich dar.
Zusatzaufgabe: Berechnen Sie die kritische Menge auch für Produkt 1 und Produkt 2.
Lösung
Produkt 1
a) Berechnung der Kosten des Fremdbezugs
Gesamtkosten Fremdbezug = Preis · Menge
KFB = p · x
KFB = 135 · 77
KFB = 10.433,50 Euro
b) Berechnung der Kosten der Eigenfertigung
Gesamtkosten Eigenfertigung = variable Stückkosten · Menge + Fixkosten
KEF = kv · x + Kfix
KEF = 120 · 77 + 3.000
KEF = 12.240 Euro
c) Ergebnis für Produkt 1
Eigenfertigung ist um 1806,50 Euro teurer (12.240-10.433,50)
Produkt 2
a) Berechnung der Kosten des Fremdbezugs
Gesamtkosten Fremdbezug = Preis · Menge
KFB = p · x
KFB = 180 · 80.000
KFB = 14.400.000 Euro
b) Berechnung der Kosten der Eigenfertigung
Gesamtkosten Eigenfertigung = variable Stückkosten · Menge + Fixkosten
KEF = kv · x + Kfix
KEF = 162 · 80.000 + 60.000
KEF = 13.020.000 Euro
c) Ergebnis für Produkt 2
Eigenfertigung ist um 1.380.000 Euro günstiger (14.400.000 - 13.020.000)
Berechnung der kritischen Menge für Produkt 3 → jetzt ist x gesucht!
KEF = KFB
(Hinweis: es ist egal ob man KEF = KFB schreibt oder KFB = KEF)
kv · x + Kfix = p · x
200x + 5040 = 212x | - 162x
5040 = 12x | : 18
x = 420 Stück
Ergebnis:
Die kritische Menge beträgt 420 Stück. Das bedeutet, dass ab einer Menge von 420 Stück die Eigenproduktion günstiger ist.
Zusatzaufgabe:
Produkt 1
135x =120x + 3000
15x = 3000
x = 200
Die kritische Menge für Produkt 1 beträgt 200. Das bedeutet, dass ab einer Menge von 200 Stück die Eigenproduktion günstiger ist.Produkt 2
180x = 162x + 60.000
18x = 60.000
x = 3333,3 → 3334
(Hinweis: Immer aufrunden!)
Die kritische Menge beträgt 3334 Stück. Das bedeutet, dass ab einer Menge von 3334 Stück die Eigenproduktion günstiger ist.